Ich habe mein Leben damit zugebracht,
Chimären nachzulaufen, und ich beglückwünsche mich dafür; es gibt
nichts Interessanteres, Angenehmeres und Würdigeres.
Die Jagd nach
Chimären ist die schönste und aufregendste aller Jagden. Vielleicht
folgen auch die, welche Rot- und Damhirsche oder Wildschweine jagen,
diesen unbekannten Chimären, die uns beherrschen, ohne zu wissen,
dass sie diese vagen und geheimnisvollen Formen mit ihren
Wildschweinen oder Hirschen ineins setzen. Aktaion, der Hirsche
jagte, bemerkte zu spät, dass er Diana nachgestellt hatte.
Die Gefahr der Chimären ist, dass sie,
wie das berühmte Tier, très mechant, sich wehren; die Gefahr
für den, der sich von den Chimären anziehen lässt, (der Hirsch
zieht den Jäger an), ist, zu glauben, etwas Wirklichem zu folgen.
Aber wenn sich jemand klar darüber ist, dass die Chimären keine
Wirklichkeiten sind, von denen wir Besitz ergreifen könnten, sondern
wirklich Chimären, und diese nur deshalb begehrt, weil sie das und
nichts anderes sind, schenkt er seiner armseligen Existenz (alle
Existenzen sind an sich armselig) Freuden, Schönheiten,
unvorhersehbare Möglichkeiten. Vielleicht auch die Unsterblichkeit,
denn die Unsterblichkeit ist zweifellos eine Chimäre, die größte,
die wirklich endgültige Chimäre.
Die abstrakteste Philosophie, die
ontologische Philosophie, ist eine Ansammlung von Chimären, die
sich ja mit Freude den abstraktesten Geister anpassen.
Die
Wirklichkeit mit Worten schaffen, mit Begriffen, mit Ideen ist
chimärisch, aber das war der Stil der Philosophen von Platon bis
Anselmus d'Aosta, bis Kant, bis Hegel, die uns als Erbschaft ihren
Harem von Fabel-Chimären hinterlassen haben. Aber wir wissen, dass
diese irreführenden Chimären das einzige sind (und sie sind weder Dinge
noch Wesen) dem es sich lohnt das Leben zu widmen. Die Form ihres
Segens und ihrer Weihe (unserer) ist oft der Fluch. Aber was wäre
schöner als ein Leben, das in Chimäre verwandelt würde?
Supremazia e maledizione, S.101f.