(aus: Giovanni Gentile: Teoria Generale dello spirito come atto puro, 7ma ed., Firenze (Le Lettere) 2003, S.8)
6. Der Gedanke im Vollzug
6. Der Gedanke im Vollzug
Um das Wesen der transzendentalen Tätigkeit des Geistes zu erkennen, darf dieser, der Zuschauer ist, niemals von außen betrachtet werden; er selbst darf niemals als Gegenstand unsrer Erfahrung vorgestellt werden; er selbst, als Schauspiel. Das Bewusstsein ist, wenn es Gegenstand des Bewusstseins wird, nicht mehr Bewusstsein; in wahrgenommenen Gegenstand verwandelt, hört die ursprüngliche Wahrnehmung auf, Wahrnehmung zu sein; sie ist kein Subjekt mehr, sondern Objekt; es ist nicht mehr ich, sondern Nicht-ich. Das genau ist Berkeleys Fehler: hier liegt der Grund für seine Unfähigkeit, das Problem zu lösen. Sein Idealismus ist deshalb empirisch.
Der transzendentale Gesichtspunkt ist der, welcher in der Wirklichkeit unseres Gedankens ergriffen wird, wenn wir den Gedanken nicht als vollzogenen Akt begreifen, sondern sozusagen als Akt in Aktion, als Denken im Vollzug. Ein Akt, hinter den wir nicht zurück können, weil er unsere Subjektivität selbst ist, das heißt wir selbst; ein Akt, der sich nie und auf keine Weise vergegenständlichen lässt. Der neue Gesichtspunkt, den es einzunehmen gilt, ist nämlich jener der Aktualität des Ich, weshalb es nie möglich ist, dass das Ich als Gegenstand seiner selbst begriffen würde. Jeder unternommene Versuch, das ist von nun an klar, das Ich, das Denken, unsere innere Tätigkeit, aus der unsere Geistigkeit besteht, zu vergegenständlichen, ist ein Versuch, der zum Scheitern verurteilt ist, da er jedesmal genau das außerhalb seiner lassen muss, was er aufnehmen will; denn wenn unsere eigene denkerische Tätigkeit als bestimmter Gegenstand unseres Denkens definiert wird, dürfen wir nicht vergessen, dass die Definition dadurch möglich wird, dass unsere denkerisch Tätigkeit bleibt, nicht als Objekt, sondern als Subjekt unserer eigenen Definition, ganz gleich wie dieser Begriff der denkerischen Tätigkeit gefasst werde. Die wahre denkerische Tätigkeit ist nicht das, was wir definieren, sondern der definierende Gedanke.