Das Sterben ist ein Privileg der Lebenden, den Tod in sich haben ist nämlich die Möglichkeit des Bewusstseins. Den Tod "kennen" diejenigen nicht, die nicht leben, die "das Leben nicht kennen".
(Notizen ?/23)
Er hat sein Leben lang geschrieben. Doch erst nach seinem Tod sind die Gedanken des italienischen Philosophen Andrea Emo (1901-1983) zugänglich geworden. Emo hat etwa 38000 handbeschriebene Seiten hinterlassen. Die bisher erschienen Sammelbände auf Italienisch enthalten eher längliche Reflexionen des Denkers über das Nichts und das Sein, welches Negation. In kürzeren Beobachtungen tritt Emos Wort klarer hervor. Er ist nämlich auch von der literarischen Welt seines Jahrhunderts geprägt.
Das Sterben ist ein Privileg der Lebenden, den Tod in sich haben ist nämlich die Möglichkeit des Bewusstseins. Den Tod "kennen" diejenigen nicht, die nicht leben, die "das Leben nicht kennen".
(Notizen ?/23)
Wozu dient die Philosophie? Wozu dient die Geschichtsschreibung wozu dient die poetische oder die künstlerische Schöpfung? – Das heißt so viel wie fragen: wozu dient das Selbstbewusstsein?
(GD506)
Das menschliche Leben ist typischerweise ein Scheitern, ist per definitionem ein Scheitern und darüber hinaus ist dieses Scheitern ein moralisches Scheitern: und die Überlegenheit der Überlegenen besteht im Eingeständnis und in der Erkenntnis dieses Scheiterns: das heißt, in einem Wort, in der Erkenntnis.
In jeder Form der Erkenntnis, die sich in der Welt der Menschen entzündet, entzündet sich eine Kraft, und um diese Kraft herum sind viele gerufen.
Es ist gut, dass alle die dämonische Kraft dieser Macht kennen: diese Erkenntnis ist eine Mutprobe.
(Notizbuch ?/49)
Der Mythos von Orpheus und Eurydike schließt aus, dass die Wirklichkeit, das heißt die Schönheit, erkannt werden könne.
Der Dichter muss mit seiner Zither vorangehen und wissen, dass die Schönheit verschwindet, sobald er sich umdreht, um sie zu erkennen, umm sie zu beleuchten und das heiß0t sie auszudrücken.
Der Gedanke, der reine Gedanke geht voran und weiß, dass der Wert, die Schönheit usw. ihm folgen und ihn antreiben; aber er weiß auch, dass er seinen Wert niemals kennen wird -- und was sonst muss er wissen?
(DG 598)
Wahre Dichter sind auch Propheten; Lyrik ist Prophezeiung; sie sind die Propheten ihrer Zeit, aber ihre Prophezeiung kann von ihren Zeitgenossen nicht entziffert werden; Lyrik wird in Worten ausgedrückt, aber ihre Lyrik wie ihre Prophezeiung kann nicht in Worte übersetzt werden. – die wahre Kenntnis der Gegenwart. welche das lyrische Bekenntnis erreichen kann, ist die vollkommenste Prophezeiung die vollkommenste Kenntnis der Zukunft.
(DG 511f.)
Man sollte nicht auf das vorbereitet sein, was sich vorhersehen lässt, in der Anschauung vorbereiten, sondern auf das Unvorhergesehene, auf das keine Vorhersage vorbereitet.
(DG 87)
Göttliches Nichts, unser Frieden, funkelndes Firmament über dunkelsten Nächten, Synthese all dessen, was wir sind, Du bist unser höchster W...